Wenn die Fanfaren zu Beginn des zwölfteiligen Gloria RV 589 ertönen, dann mag man sie spüren, die Macht der Kirche im Venedig des 18. Jahrhunderts, die sich in der Musik widerspiegelt. Damals war ein kirchliches Amt die beste Voraussetzung für eine musikalische Karriere, waren Kirche und Hof die größten Arbeitgeber. Antonio Vivaldi wusste das. Und obwohl sein Verhältnis zur Kirche recht gespalten war, komponierte er eifrig, so dass ein breites Spektrum von Musik für den kirchlichen Gebrauch entstand.
Makellose Gesangskultur bietet der Choir of Kings College Cambridge unter der Leitung von Stephen Cleobury, beste englische Chor-Tradition für das italienische Repertoire. Die Engländer singen Vivaldis populäre Gloria RV 589, das Magnificat RV 610 von 1715 und das weniger bekannte Dixit Dominus RV 594, das erst Ende der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts in Prag wieder entdeckt wurde. Der Chor ist stimmlich tadellos und bietet über eine Stunde völlig homogenen und unangestrengten Gesang. Vollendeter Gesang, zu vollendet vielleicht? Denn mir persönlich tönt es manchesmal zu weich, zu samtig und zu hell. Ich bin doch eher ein Freund heißblütiger (kontinentaler) Extreme und weniger von gemilderten Affekten. Englische Dezenz und Noblesse in allen Ehren -- Vivaldi konnte ja auch recht deftig sein. Ein bisschen davon hätte ich gerne gehört. --Teresa Pieschacón Raphael